Mittwoch, 20. Juni 2012

bogenschießen

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Ein Zufall wollte es, dass ich einen lange gehegten Wunsch erfüllt bekam:
einen Nachmittag Bogenschießen!

Bogenschießen ist seit 1927 olympisch.
Bogenschießen ist ein Waffensport.
Bogenschießen ist die ursprünglichste Form des Jagens*.
Bogenschießen ist ein Präzisionssport.

Soviel zu den Fakten, die ich benennen kann. ABER...

...für mich hat das Bogenschießen schon immer etwas natürliches, ursprüngliches, sogar ästhetisch gehabt.
Wenn ich an diesen Sport denke, kommen mir athletische junge Menschen mit aufrechter Haltung, scharfsinnigem Blick und bemerkenswert leistungsfähiger Rücken- und Armmuskulatur in den Sinn, die mit majestätischen 'Langbögen' aus fein gearbeitetem Holz, Ziele in 30 Meter Entfernung noch sicher zu treffen wissen.
Bogenschießen ist für mich der sportliche Ausdruck von Präzision, Feingefühl, Intellekt, Konzentration und Genauigkeit.

Assoziativ gesehen fällt mir romantischer Weise zum Bogenschießen folgendes ein: Traditionssport, Naturverbundenheit, Heldenmut, Mittelaltermarkt, 'Robin Hood-Nostalgie'. 
- Und spätestens nach 'Herr der Ringe' hat der Bogenschütze in meinen Augen auch etwas magisches anhaften.

Meine Frage an das Bogenschießen von Heute:
Was steckt von all diesen Vorstellungen wirklich im Schießsport mit Pfeil und Bogen? 

Meine Suche nach einer Antwort auf diese Frage:
Hingehen. Kucken. Testen.

Samstag. 
29 Grad. 
Wolkenloser Himmel. 
Je#e unterwegs zum Bogenschießen!

Eine Lichtung im Wald. 
Eine Sportanlage. 
Ein freies Feld, auf dem in unterschiedlichen Abständen Zielscheiben aufgestellt sind.

Die Bogenschützen stehen wie in Reih' und Glied an der 'Abschusslinie'.
Vorne die Kinder und Breitensportler, hinten die Leistungsportler mit skurril und technisch anmutenden Bögen.
Im Ganzen ein beeindruckendes Bild!

Wie auf Kommando legen die Bogenschützen gemeinsam an, zielen und treffen. 
Viele halten nicht zum ersten Mal einen Bogen in der Hand, dass erkenne ich trotz Leihenhaftigkeit sofort.
Leicht unsicher stehe ich da und weiß nicht was ich tun oder nicht tun soll. 
Doch im nächsten Moment sehe ich mich selbst vorne an der Linies stehen. 
Ein fröhlicher alt-eingesessener Bogenschütze hat mich unter seine Fittiche genommen. 
Wahnsinn, ich darf auch mal!

Er zeigt mir wie ich einen Bogen richtig halte, wie ich zur Zielscheibe stehen muss, wie ich den Bogen richtig auf Spannung bringt und wie ich - rein theoretisch -  erfolgreich ziele bzw. treffe.

Meine Erkenntnis: 
Gar nicht so einfach.

Ich halte einen klassischen 'Recurvebogen' in der Hand, von dem mir erzählt wird, dass er der gängigste Sportbogen ist. - Der 'Recurvebogen', wird auch der 'olympische Bogen' genannt...

Es gibt aber noch viele andere Bogenarten. 
Einige habe ich tatsächliche zu sehen bekomme!
Beispiele sind: der Langbogen, der Reiterbogen und der Compoundbogen.

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 KLEINER EXKURS:


Da gibt es den Langbogen, der mich wahrhaft an  'Herr der Ringe' erinnert, weil er eine äußerst beachtliche Länge haben kann. Der Langbogen ist schon seit 10 000 Jahren in Gebrauch und nach dem deutschen Waffenschutzgesetz KEINE Schusswaffe! *
Der nächste wichtige Vertreter ist der Reiterbogen. Der Reiterbogen kommt aus der Kriegsführung zu Pferd und fand in Europa und Asien große Verbreitung. Auch der Reiterbogen ist offiziell KEINE Schusswaffe... *


Der Compoundbogen wird im Gegensatz zu den meisten anderen Bögen aus Verbundmaterial gefertigt und zeichnet sich durch sein spezielles Konstruktionsprinzip aus, dass die Kraft beim Sehen-Spannen auf den Pfeil durch Übersetzung verfielfach wird. -  D.h.: geringerer Kraftaufwand für stärkere Spannung und höhere Treffsicherheit bei  großen Distanzen. Auch hier KEINE Schusswaffen-Definition! *

Zum Thema Schusswaffe:
Das Gesetz sagt, dass nur die (Sport-)Geräte als Schusswaffen bezeichnet werden können, die Energie speichern können (, um sie an Schussobjekt zu übertragen). - Im Gegensatz zu sämtlichen Bogen, ist die Armbrust als Schusswaffe deklariert, weil sie durch ihren Spannmechanismus, die Energie speichert bevor der Schuss gelöst wird.*

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Das mittige Treffen der Zielscheibe - der gelbe Punkt im Zentrum - ist das Ziel der ganzen Bogenschieß-Veranstaltung. Klar. Der Weg dahin ist leicht kompliziert - bis man es raus hat...

Jedes mal muss vorm Bogen spannen genau auf die Haltung geachtet werden. Die Muskelkraft der Schultern spannt die Bogensehne (nicht der Oberarm). 

Meine Herausforderung:
Jedes Mal auf die exakt gleiche Weise die Sehne zu spannen.
- Die nötige Konzentration zum Anvisieren kommt von alleine, wenn man das Ziel treffen will. Logo!

Die ersten Pfeile verfehlen ihr Ziel mehr als eindeutig, doch nach und nach werde ich besser und auch schneller im Zielen und Abschießen.

Wer mit dem rechten Auge zielt, hält den Bogen in der Linken und spannt mit der Rechten. - Das machen in der Regel die meisten so, nur ich anscheinend nicht...

Erkenntnis: 
Ich kann nur mit dem linken Auge anständig visieren und halte den Bogen daher in der Rechten, um mit der Linken zu spannen.

- Es fühlt sich im Vergleich zu den Anderen ein bisschen so an, als sei man dezenter Außenseiter... Denn statt mich in die Reihe einzugliedern und Teil des 'schießenden Herres' zu werden, stehe ich mit dem Rücken zu den Anderen Bogenschützen und kann meinem linken Nachbarn direkt ins Gesicht sehen (wenn ich das will).

Nun ja, ob Links oder Rechts visiert, die Hauptsache ist am Ende, dass man trifft und Spaß daran hat!
 
Ich für meinen Teil hatte absolut Spaß an meinem Ausflug ins Bogenschützen-Mitie!
Gegen Ende des Tages habe ich meine Pfeile auch sauber in der Zielscheibenmitte auf 7,5 Metern platziert. - Das ist immerhin was!
- Hier sei gesagt, dass der Muskelkater in Armen und Schultern ist am nächsten Morgen nicht zu verachten. - Ergo: das kann nur ein SPORT sein!  

Zu meinen leicht abgehobenen Vorstellungen zum Thema Bogenschießen lässt sich folgendes festhalten:
Wenngleich der Schießsport mit Pfeil und Bogen innerhalb eines Vereinskonstruktes genauso zeitgemäß und dynamisch gelebt wird, wie jeder andere Sport, so haftet ihm aus meiner Sicht nach wie vor etwas sehr natürliches und entspannendes an.
Bogenschießen mag vielleicht nichts für Bewegungssuchties sein, für Detail- und Konzentrationsliebende schon!

Solltet ihr also Lust haben in der nächsten Zeit etwas Neues auszuprobieren, kann ich euch das Bogenschießen wärmstens ans Herz legen!

Jeder Verein bietet auch Vereinslosen gegen kleines Geld die Möglichkeit an Trainingseinheiten teilnehmen zu können.

Testet es selbst!

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Pfeil und Bogen gibt es schon seit über 14 000 Jahren. Die ersten Bogenschützen waren die Menschen des ausgehenden Jungpaläolithikum. Ihre Bögen waren aus grobem Holz und ihre Pfeilspitzen aus Feuerstein. 
Der älteste in Deutschland bei archäologischen Ausgrabungen gefundene Bogen ist 10 000 Jahre alt und aus Kiefernholz. Er stammt aus dem Stellmoor bei Hamburg.
Im Anbeginn des Bogenschießens, waren Pfeil und Bogen Waffen zur Wildjagt.

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Das Bildmaterial habe ich von der Seite 'Wildnisssport'.
Bei Interesse, einfach mal 'reinchecken'!


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Waffengesetzt (nach WaffG und WaffVO): Paragraf 2, Absatz 2 bis 4
Letzte Aktualisierung zum 01.04.2008.


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